Freitag, 5. Oktober 2012

Die drei Musketiere (Paul für alle, alle für Milla)

Milla morgens am Frühstückstisch: "Paul, ich möchte auch mal schicke Klamotten im Film tragen."
Paul schmiert sich ein Marmeladentoast: "Hä, also ich finde dich in meinen Resident Evils absolut heiß!"
Milla blickt ihn über die Kaffeetasse an: "Du Charmeur. Das ist mir aber auf Dauer etwas zu viel Fetisch, das ganze Lack und Leder und so..."
Paul beißt jetzt eher lustlos ins Brot: "Willst du Sackleinen tragen oder wie?"
Milla gießt sich Kaffe nach: "Hör doch mal zu, ich sagte 'schicke Klamotten'! Edle Gewänder, wallende Kleider, so etwas."
Paul pellt nun sein Ei: "Also möchtest du eine süße Prinzessin sein?"
Milla schaut zwischen Müsli und Obst hin und her: "Du bist echt ein Morgenmuffel. Aber höfische Mode würde mir in der Tat gefallen... Der Sonnenkönig!"
Paul sucht das Salz: "Ist das eine Sagengestalt? Hm, Resident Evil goes Fantasy..."
Milla schält eine Banane: "Blödsinn! Kennst du wenigstens Die drei Musketiere?"
Paul schaut etwas anzüglich, wie Milla die Banane isst: "Die Serie mit David Hasselhoff?"
Milla wirft ihm die Bananenschale ins Gesicht: "Sicher nicht! Der Historienroman von Alexandre Dumas, mit wackeren Recken und schönen Frauen und bösen Kirchenmännern und vielen Degenkämpfen. Also das 17. Jahrhundert in Frankreich!"
Paul wischt sich sein Gesicht: "Aha. Und wer ist dieser Lichtkaiser?"
Milla verdreht die Augen: "Sonnenkönig! Ludwig XIV., der herrschte jedoch erst später. Aber ein Film mit so einem Hintergrund, das würde mir gefallen."
Paul gibt nach: "Okay, von mir aus. Ich habe aber keine Lust, mit da noch viel auszudenken. Können wir die Serie nicht neu verfilmen?"
Milla betrachtet das durchs Fenster fallende Morgenlicht: "Das Buch! Ja, das würde gehen. Fände ich zwar einfallslos, aber man sicher kann ein paar Dinge verändern."
Paul versucht zu erkennen, was Milla im Fenster sieht: "Wohl keine Mutanten, nehme ich an. Vielleicht Luftschiffe... Na ja, ich werde da Schreiber suchen."
Milla ist hocherfreut: "Sehr schön, danke, Paul! Ich will auch mal eine etwas ambivalentere Rolle spielen. Zu Hofe geht's ja auch oft um Intrigen."
Paul hält Ausschau nach einem Fremdwörterbuch: "Also eine attraktive Frau in tollen Kleidern, nicht unbedingt die strahlende Heldin. Aber wir machen dich trotzdem zu 'ner Arschtreterin, ja?"
Milla verzieht ihr Gesicht: "Benutz nicht solche Worte, unsere Tochter könnte die aufschnappen. Aber ich bin einverstanden. Die Protagonisten im Buch sind ja eh die Musketiere und ein dazustoßender Jüngling."
Paul macht sich bereits Notizen: "So? Da könnten wir versuchen, irgend einen Mädchenschwarm aufzubauen. Und für die anderen Rollen frage ich einfach mal angesagte Europäer, zum Beispiel Tarantinos Obernazi oder diesen Dänen aus James Bond."
Milla nickt zustimmend: "Gute Idee, Christoph Waltz und Mads Mikkelsen sind fantastische Schauspieler!"
Paul steht auf: "Alles klar, ich muss dann jetzt ein paar Anrufe tätigen und so."
Milla stöhnt, als sie bemerkt, dass sie wieder einmal alleine die Küche aufräumen muss.
Der fertige Film, schlicht Die drei Musketiere, adaptiert die Grundmerkmale der von mir ungelesenen Buchvorlage - also königstreue Recken versus Kardinalsverschwörung -, was dahingehend schade ist, da eine eigenständige Geschichte in einer möglicherweise alternativen Vergangenheit mit klarem Bekenntnis zu Steampunk weit interessanter gewesen wäre. Regisseur Paul W. S. Anderson liefert natürlich trotzdem keine werkgetreue Literaturverfilmung, sondern fügt seine übertriebene Resident Evil-Action, die Ikonisierung von Milla Jovovich sowie den lockeren Humor der Pirates of the Carribean-Reihe hinzu, unübersehbar durch die Teilnahme von Orlando Bloom (dessen Part als Herzog von Buckingham kleiner ist als das Kinoplakat nahelegt).

Das Ergebnis funktioniert erstaunlich gut, weil die ausladenden Kulissen und farbenfrohen Kostüme des 17. Jahrhunderts derart aufwändig nicht alltäglich zu sehen und alle Schauspieler mit Spaß und Schalk im Nacken bei der Sache sind. Im Gegensatz zu den bereits erwähnten Resident Evil-Filmen nimmt sich Die drei Musketiere nicht allzu ernst, was angesichts des abgehobenen Geschehens sehr angenehm ist - wodurch das leichtfertige Niedermachen unzähliger Feinde durch die Helden aber einen dezenten Beigeschmack erhält. Wesentlich schwerwiegender ist die Besetzung von D'Artagnan, denn Logan Lerman als aalglatt-uninteressanter Jungspund nervt schon bald und man wünscht sich einen stärkeren Fokus auf seine gestandenen und teils zu kurz kommenden Kollegen anstelle seines Gebalzes mit dem Dekolleté einer königlichen Hofdame (Gabriella Wilde).

Nichtsdestotrotz vermögen Lerman zusammen mit ein paar schwachen Charakteren und Witzen den Unterhaltungswert des Films nur in Maßen zu schmälern, zumal erst gegen Ende Logiklöcher sich nachteilig auftun. Die drei Musketiere ist nicht fundamental anders als die Zombiewerke des Regisseurs, aber wird vom leichtfüßigen Tonfall emporgetragen in qualitative Sphären, die alte Luftschiffe so erreichen können.

DIE DREI MUSKETIERE bzw. THE THREE MUSKETEERS von Paul W. S. Anderson (R), Alex Litvak (B) und Andrew Davies (B), Deutschland/Frankreich/UK/USA 2011, IMDb, RT, FZ. Bildrechte: © Constantin Film/Summit

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