Sonntag, 12. August 2012

The Dark Knight Rises (Occupy Extreme)


Friedlich liegt New York, äh, Gotham City da. Acht Jahre sind seit dem Terror des verrückten Jokers vergangen, acht Jahre wurde Batman (Christian Bale) nicht mehr gesehen. Mit rigiden Sondergesetzen ist die Stadt dem Verbrechen Herr geworden. Doch der Söldner Bane (Tom Hardy) stört die Ruhe und zwingt den lethargischen Bruce Wayne zurück ins Fledermauskostüm...

Christopher Nolans euphorisch aufgefasster The Dark Knight hatte bei knapp zweieinhalb Stunden Laufzeit dramaturgische Durchhänger, der Nachfolgefilm ist nun eine Viertelstunde länger und trotzdem zu kurz. Was ist passiert? Vielleicht um die beeindruckende Performance des mittlerweile verstorbenen Joker-Darstellers Heath Ledger zu kompensieren, wurde das Drehbuch schlicht überladen und erdrückt bisweilen The Dark Knight Rises: Batman im freiwilligen Ruhestand. Bruce Wayne sitzt ohne sein Alter Ego lichtscheu wie eine Fledermaus im Dunklen. Meinungsverschiedenheiten mit dem treuen Butler Alfred. Eine katzenhafte Meisterdiebin, die nicht Catwoman heißt. Der selbsternannte Freiheitskämpfer Bane gegen das Kapital und die Gesellschaft. Saubere Energie und dreckige Bomben.

Um diese nur auszugsweise beschriebenen Handlungsmotive unterzubringen, hetzt Nolan seine Darsteller durch den Film, lässt sie teils plakative Sinnsprüche austauschen, weil die Zeit für natürliche Dialoge oft nicht reicht. Auch für die zahlreichen Charaktere wird es eng und so verkommen manche zu bloßen Stichwortgebern. Alfred verabschiedet sich bald und Selina Kyle formally known as Catwoman (Anne Hathaway, mäßige Besetzung) wird ohne Hintergrund in den Film gedrückt und ist lange Zeit nicht involviert, obwohl sie bei vielen Wendungen anwesend ist. Und Batman selbst wird zwischendurch aus dem Film genommen, um dem unübersehbar als Flattermann-Nachfolger gedachten Polizisten Blake (Joseph Gordon-Levitt) Raum zu geben.

Der Gegenspieler Bane wurde im Vergleich zu den Comics auf einen (nicht uncharismatischen) Schläger mit Atemmaske reduziert und wird mehrmals vom Drehbuch demontiert: Im ersten Kampf zwischen ihm und Batman ist letzterer außer Form - ein durchschaubarer Trick, um die Spannung vermeintlich zu erhöhen, so wird aber auch Banes Bedrohungspotential untergraben. Bevor er später überraschend degradiert und dann in Sekunden abserviert wird, verfolgt er einen schlecht kommunizierten Plan irgendwo zwischen Joker und Ra's al Ghul (Batman Begins). Für viel Unmut sorgte die Stimme von Bane, der im Englischen gestellt, aber schwer verständlich spricht und in der deutschen Synchronisation an unnatürlicher, dem Original nacheifernder Betonung leidet. Abgesehen davon, dass Schauspieler und Stimme aufgrund der Maske getrennt voneinander wirken, hatte die zwar trashige Stimme einen eigentümlichen Charme auf mich - unerträglicher als Batmans Sprachverzerrer ist sie zumindest kaum.

Dass The Dark Knight Rises trotz genannter Unzulänglichkeiten nicht zerbricht, liegt an Christopher Nolans Händchen für durch dauerepische Musikbeschallung verstärkte Dramatik, die dieses Mal nicht pausiert wird. Nach einer zähen Anfangsphase nimmt der Film mit der Ausführung von Banes Plan ordentlich Fahrt auf, sodass Batmans erwähnte Auszeit wenig stört (wie diese hingegen aussieht, das knarzt eher). Wie schon in The Dark Knight wird ein moralisches Dreieck aus Selbsterhaltung, Mitgefühl und Mut konstruiert, welches nun aber nicht in unrealistischem Glauben an die Menschlichkeit aufgelöst wird, dafür etwas verworren bleibt: Bane erklärt, er würde den normalen Menschen die Stadt und damit ihr Leben zurückgeben,  und fordert die Massen auf zum Handeln gegen Börse, Banker und das obere 1%. Wie das aber mit seiner Bombe und der abgeriegelten Stadt zusammenpassen soll, bleibt unbeantwortet. So lässt sich auch der Regisseur nicht auf eine politische Position festlegen, untergräbt die kapitalismuskritischen Aussagen vielleicht sogar, schließlich ist Bane ein mörderischer Schurke. Protestieren ja, aber bitte keine Revolution? Und ob die gemeinen Bürger Banes Aufforderung nachkommen, wird kaum deutlich - man sieht überall nur befreite Gefängnisinsassen sowie Standgerichte mit wahnsinnigen Richtern. Und wenn schlussendlich die Gothamer Polizei Banes falscher Ordnungsmacht aufrecht und unbewaffnet entgegenschreitet, kann man fragen, für wen oder was die Cops hier gerade marschieren.

Derartige Unschärfen und Logiklöcher lassen sich noch mehr finden, wenn auch wie gesagt Nolans zügige Inszenierung vieles kaschiert. Ärgerlich jedoch, dass dabei die Übersicht über die erzählte Zeit von Bord geworfen wird - im Film vergehen einige Monate - und Figuren immer zur rechten Zeit am rechten Ort auftauchen (dabei sind manche Enwicklungen schon deutlich vorhersehbar). Leider nicht neu ist Nolans Schwäche, Action packend zu inszenieren, trotz des Verzichts auf verwackelte Bilder. Und dass der Film aufgrund seiner niedrigen Altersfreigabe schlicht nicht hart und brutal genug ist, hilft natürlich ebenso wenig.

The Dark Knight Rises ist ein von interessanten Motiven überfrachteter Superheldenfilm, bodenständiger als mancher Actionreißer (z.B. fast keine Bat-Gimmicks) und überwiegend gut in Szene gesetzt. Nolan schließt seine Trilogie insgesamt recht stimmig ab, kann sich einen plakativen Epilog jedoch nicht verkneifen. Mit einem konzentrierteren und mutigeren Drehbuch wären Zeit- und Logikmängel sicher vermeidbar gewesen, so bleibt eine ernste, überambitioniert erscheinende Comicadaption mit düsterem Anstrich. Und da ich The Dark Knight nicht so überragend fand, konnte mich dessen schwächerer Nachfolger zwar kaum fesseln, aber aufgrund niedrigerer Erwartungen unterhalten. Christopher Nolan hätte zuletzt wohl einfach nicht Inception drehen sollen.

THE DARK KNIGHT RISES von Christopher Nolan (R, B) und Jonathan Nolan (B), USA 2012, IMDb, RT, FZ. Bildrechte: © Warner Bros.

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