Mittwoch, 18. Juli 2012

Kokowääh


Nach längerer Pause melde ich mich zurück mit der Besprechung eines cineastischen Krachers: Kokowääh - und jetzt bitte nicht Oh-weh schreiend davonlaufen. Zugegeben, das ist Deutschesromanzenmainstreamkino at its best. Aber muss das schlecht sein? Lassen wir uns das mal in Ruhe durchdenken.

Til Schweiger führt Regie. Til Schweiger spielt die Hauptrolle. Seine Tochter Emma Schweiger spielt die zweite Hauptrolle. Eine ziemlich schweigerisierte Angelegenheit also. Aus der Erfahrung der letzten Jahre weiß man, was man erwarten kann: gefälliger Soundtrack, einen nuschelnden Til Schweiger sowie ab und zu hübsche Frauen, die durchs Bild laufen und mit denen sein Alter Ego Ludo oder in diesem Fall Henry seine liebe Not hat.

Konkret sind es die Geister der Vergangenheit, die den Drehbuchschreiber Henry unerbitterlich einholen. Aus einer seiner vielen Affären ist seine inzwischen achtjährige Tochter Magdalena hervorgegangen - passenderweise gespielt von Schweigers eigener Tochter. Henry und Magdelena lernen sich erst kennen, als die Mutter wegen eines Jobs für einige Zeit nach Amerika muss und das kleine Mädchen vor der Tür des Herumtreibers absetzt. Im Rest des Films geht es darum, wie sich die beiden annähern und Henry langsam erkennt, dass er ab jetzt Verantwortung für sein eigenes Leben und auch für das Leben anderer übernehmen muss. Die Reifeprüfung eines Mittdreißigers. Insgesamt eine ziemlich vorhersehbare Geschichte die sich lässig schlurfend, unterbrochen von einigen Pirouetten, auf ihr finales Happy End zubewegt.

Fassen wir es kritisch zusammen: Die Geschichte ist nicht wirklich neu, der Soundtrack poppig-schnulzig und die Darsteller gut gelaunt, aber nicht oscarverdächtig. Mein "Problem": Trotzdem schaue ich mir solche, ja, nennen wir es ruhig Schnulzen immer wieder gerne an. Ob es nun Keinohrhase, Zweiohrküken oder die britischen Vorbilder wie About a Boy oder Tatsächlich Liebe sind. Zusammen mit Mutti oder der Freundin ergeben diese Art von Filmen eine wohlige Melange an zuckerwattiger Unterhaltung, bei der ich abschalten kann und mich gut fühle.

Heißt das Ganze dann Eskapismus? Fliehe ich aus meinem harten Leben in den popkulturellen Mainstream? Wahrscheinlich ist hier nicht der richtige Ort, um das zu diskutieren, aber ich möchte trotzdem hervorheben, dass ich großen Respekt davor habe, wie es Til Schweiger immer wieder schafft, große deutsche Produktionen quasi im Alleingang zu stemmen. Dabei gelingt es ihm Kinofilme zu drehen, die auch wirklich wie solche aussehen und nicht wie viele andere deutsche Produktionen den Vorabendserien im Fernsehen gleichen. Wahrscheinlich ist es wie mit einem Maxi-Menü bei McDonald's: Man weiß einfach, was man bekommt. Mag man auch immer wieder darüber schimpfen, aber im Endeffekt geht man trotzdem wieder hin und lässt sich das immer wieder Gleiche schmecken, weil es durchdacht ist und weil es eine gewisse Qualität hat.

PS: Für 2013 ist übrigens der zweite Teil von Kokowääh angekündigt. Ein sehr interessantes Interview, das ich im Nachgang an diese Besprechung gelesen habe, mit vielen klugen Fragen und Antworten gibt es hier.

KOKOWÄÄH von Til Schweiger (R, B) und Béla Jarzyk (B), Deutschland 2011, IMDb, RT, FZ. Bildrechte: © Warner Bros.

1 Kommentar:

  1. Bei "cineastischer Kracher" hatte ich mich schon auf eine Abreibung vom Familie-Schweiger-Film gefreut, aber war dann doch nix. Das Argument mit dem Kino-Look ist interessant, kann dazu aber selbst keine Stellung beziehen.

    Hat Til eigentlich jetzt seinen eigenen Filmpreis gegründet, weil er zuletzt oft leer ausging und finanziellen Erfolg mit Preiswürdigkeit gleichsetzte (wenn's darüber im verlinkten Interview geht - das hab ich nicht gelesen)?

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